Kalkmagerwiesen im archäologischen Landschaftspark

Unterwegs sein im archäologischen Landschaftspark von Nettersheim, heißt tief ins römische Leben einzutauchen. Doch es lohnt sehr, den Blick auch für Gegenwärtiges zu schärfen. Wie etwa für die in unserer Kulturlandschaft selten gewordenen Kalkmagerwiesen. Nicht weit vom Naturzentrum Eifel entfernt führt Sie ein kleiner Pfad – den archäologischen Rundgang abkürzend – hinein in diesen artenreichen Lebensraum. Hier lässt sich eine besondere Welt entdecken: mager und üppig zugleich! 

Nettersheim ist bekanntermaßen eine naturverbundene Gemeinde. Herzstück ist das Naturzentrum Eifel. Es ist nicht nur ein spannender Ausstellungs- und Bildungsort, sondern auch ein toller Ausgangspunkt für Entdeckungstouren in die tier- und pflanzenreiche Umgebung. Ein „Hotspot“ für Liebhaber seltener Pflanzen sind die gezielt gepflegten und frei gehaltenen Kalkmagerwiesen des Urfttals und deren Nebentäler. Auf ihnen ist die violett blühende Gemeine Küchenschelle im Frühling der erste Hingucker. Im Sommer und Herbst tupfen seltene Orchideen und Enziane die Wiesen in Farbe. Eine erste Chance diese Pracht zu erleben, haben Spaziergänger bereits zu Anfang des archäologischen Rundwegs. Von der Urftstraße biegt rechts ein kleiner ausgeschilderter Pfad ab und führt sanft ansteigend zwischen Büschen, Baumgruppen und offenen Flächen hindurch. Letztere sind der „Hotspot“ für eine besondere Fauna und Flora.

Salve!

Die landschaftliche Vielfalt beflügelt sicher jeden, am Ende der Abkürzung dem archäologischen Rundweg weiter zu folgen. Zudem wäre es den alten Römern gegenüber schlichtweg unhöflich, der Görresburg keine Aufmerksamkeit zu schenken. Das Matronenheiligtum liegt auf einer Anhöhe und bietet einen tollen Blick über das Bachtal. Es wundert wenig, dass in solch exponierter Lage eine Weihestätte errichtet wurde. Datiert wird sie auf Mitte 1. Jhd. bis vermutlich 4. Jhd. n. Chr. und sie zählt mit der ihr zu Füßen liegenden Siedlung Marcomagus zu den wichtigen römischen Ausgrabungsstätten im Rheinland. Auf dem Rückweg zum Naturzentrum geht es bergab und nach rechts. Sie queren links abbiegend die Bahnstrecke und die Urft südlich des Römerweihers. Links ab geht es auf den Eifelsteig, vorbei an weiteren Stationen, die den römischen Alltag lebendig machen. Unterm Strich: Knapp vier Kilometer mit Geschichts- und Naturerlebnissen dicht an dicht!

Eine magersüchtige Flora

Kalkmagerwiese ─ das klingt aus menschlicher Perspektive nicht nach einem fünf Sterneangebot. Was also macht eine Magerwiese so wertvoll? Das Sonnenröschen oder die Mücken-Händelwurz kennen Gründe. Sie lieben das Licht und die Wärme der meist südlich ausgerichteten Wiesen und ganz besonders den wasserdurchlässigen, stickstoffarmen Kalkboden. Denn nur dort, wo nicht regelmäßig gedüngt, sondern extensiv bewirtschaftet wird, haben Orchideen wie die lila-leuchtende Mücken-Händelwurz eine Überlebenschance. Tierische Genießer dieses Refugiums sind Reptilien wie die Blindschleiche, vor allem aber Schmetterlinge, die sich am üppigen Blütenangebot der Magerwiesen bedienen. Etwa 60 Tagschmetterlingsarten geben sich zwischen Frühling und Herbst hier ein Stelldichein.

Tour-Informationen

Start Naturzentrum Eifel
Aufstieg 53 m
Abstieg 53 m
Länge der Tour 3,5 km
Dauer 1:00 Stunden
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Besonderheiten im Archäologischen Landschaftspark

Gestatten Schlingnatter, nicht Kreuzotter!

Kaum jemand kennt sie, kaum jemand sieht sie. Und doch ist die Schling- oder Glattnatter in Deutschland– nach der Ringelnatter – die Nummer zwei unter den heimischen Schlangen. Die Erklärung dafür liegt ganz einfach in ihrer perfekten Tarnung. Die ca. 60-70 cm lange Natter verschmilzt durch ihre Zeichnung und grau-braune Farbgebung perfekt mit ihrer Umgebung. Gefährlich ist die Coronella austriaca für den Menschen nicht, wohl aber für Insekten, kleinere Reptilien, Mäuse oder Vögel. Was nicht sofort als lebendiger Imbiss heruntergewürgt werden kann, wird per Muskelkraft erdrosselt. Sie selbst schützt sich vor Fressfeinden durch ein stinkendes Sekret, wenn sie denn überhaupt in ihren gut gewählten Verstecken entdeckt wird. Gefährlich wird es für sie, wenn sie als wechselwarmes Reptil Wärme tanken muss. Wer sie beim Sonnenbaden sieht, kann sie anhand der runden Pupillen gut von den schräg geschlitzten der giftigen Kreuzotter unterscheiden, die hier ohnehin nicht vorkommt.

Kalkeifel: der Name ist Programm

Nettersheim liegt in der Kalkeifel. Diese Vorbemerkung ist für Ihre Naturschatz-Tour nicht ganz unwichtig. Denn wie es der Name schon andeutet, brauchen Kalkmagerwiesen Schichten von Kalkstein als Untergrund. Entstanden sind sie vor etwa 380 Millionen Jahren, als die Eifel von einem Meer bedeckt war und sich der Kalk der Korallenriffe auf dem Boden ablagerte. In vielen vor Erosion geschützten Mulden blieb das Kalkvorkommen erhalten. Auf ihren trockenen, warmen Böden stehen die Chancen gut, dass sich eine äußerst bunte „Truppe“ heimisch macht.

Matronenkult – Frauenverehrung in einer Männerwelt

Auch dieser Tage werden an den Kopien der Weihesteine auf der Görresburg noch Kerzen, Blumen und Obst als Opfergaben abgelegt. Die Aufanischen Matronen wird es freuen. Schon vor fast 2000 Jahren waren es vermutlich nicht nur einheimische Vicusbewohner und -bewohnerinnen, sondern auch Reisende auf der Agrippastraße, die ihnen die Aufwartung machten. Ob die dargestellten einheimischen Göttinnen um Schutz und Fruchtbarkeit gebeten wurden ist schriftlich nicht belegt. Als sicher aber gilt, dass die Matronen zu dieser Zeit die bedeutendste Göttergruppe in der Voreifel war. Neben Nettersheim sind weitere Kultstätten in Nöthen-Pesch und Zingsheim ausgegraben und ausgewertet worden.