Die Napoleonsfichte in Roetgen

Lange Zeit hat die Napoleonsfichte einen Dornröschenschlaf gehalten. Nur wer botanisch interessiert ist und dazu noch abseits des Wanderweges durchs Unterholz streift, steht beeindruckt vor ihr, diesem 200 Jahre alten Naturdenkmal.

Zeitzeugin von Preußens Gloria

Bislang führte kein Wanderweg an der alten Fichte vorbei. Unbehelligt hat sie hier Jahrzehnt um Jahrzehnt wachsen können. Heute misst die „Napoleonsfichte“ – wie sie genannt wird – eine Höhe von 35 Metern und einen Stammumfang von stolzen vier Metern. Sehr wahrscheinlich stammt sie aus den ersten Aufforstungsbemühungen der Preußen. Diese hatten Anfang des 19. Jahrhunderts nach der Niederlage Napoleons beim Wiener Kongress das Rheinland zugesprochen bekommen. Die dazugehörende Eifel präsentierte sich damals als weitgehend baumloser und ziemlich armer Landstrich. Die Realerbteilung, bei der jeder männliche Nachfahre einen gleichgroßen Anteil an Fläche erhielt, sorgte für kleine Äcker, die kaum eine Familie ernähren konnten. Der Boden war karg. Also beschloss die preußische Regierung, hier genügsame Nadelgehölze wie Fichten und Kiefern anzupflanzen. Mit Gesetzen und Verordnungen trieben sie die Aufforstung der Eifel gründlich voran. Sehr zum Verdruss der ansässigen Bauern, die immer weniger Weideflächen für ihr Vieh fanden.

„Brotbaum der deutschen Forstwirtschaft“ wird die Fichte genannt, und ein paar Generationen später stellten auch die Bauern fest, dass sie durchaus Vorteile mit sich brachte: Das Klima war durch die Wälder gemäßigter geworden, die Bäume sorgten für Arbeit und warfen Erträge ab.

Für die kargen Eifelböden war die Fichte damit zunächst einmal ein alternativloser Baum. Allerdings veränderte sich mit ihr das Landschaftsbild und die Monokultur sorgte wiederum für neue Probleme. Ein Sprichwort beschreibt das treffend: „Willst Du den Wald bestimmt vernichten, pflanze nichts als reine Fichten.“ Im Zuge der „Renaturierung“ sorgen Forstverwaltungen heute dafür, dass Laubbäume, die natürliche Vegetation der deutschen Mittelgebirge, wieder Laubbäume auf großen Flächen heimisch werden. Die Napoleonsfichte erinnert als monumentale Zeitzeugin daran, dass es in der heute so beliebten Eifel auch einmal andere Zeiten gab.