Die Esskastanie in Kreuzau-Obermaubach
Die Esskastanie an der Fischtreppe in Obermaubach erlitt im Zweiten Weltkrieg einen heftigen Granatschuss. Doch der damals schon recht alte Baum ließ sich nicht unterkriegen und bildete an der Stelle des abgeschossenen Stammes Nebentriebe aus. Seine heutige, skurrile Form beweist seinen Lebenswillen und ist gleichzeitig ein Beispiel dafür, dass die Natur nicht stirbt, sondern sich verändert und anpasst.
Kriegsinvalidin an der Fischtreppe
Sie ist sozusagen eine Kriegsveteranin, die Esskastanie an der Fischtreppe in Obermaubach. Eigenwillig „kurzbeinig“ sieht sie aus. Der Stamm ist nur etwa 1,50 Meter hoch, dann beginnen schon die Astgabelungen. Ursache des ungewöhnlichen Wuchses ist eine Kriegsverletzung. In den Jahren 1944/45 muss der Baum – damals schon etwa 40 Jahre alt – einen heftigen Granatenschuss abbekommen haben. Es lässt sich nicht mehr ganz rekonstruieren, wie die Kastanie damals beschädigt wurde. Fest steht nur: Der Baum starb nicht ab, sondern bildete in niedriger Höhe kräftige Seitentriebe, aus denen im Laufe der Jahrzehnte ein mächtiges Astwerk heranwuchs. Mit ihrer skurrilen und eigenwilligen Wuchsform ist die Kriegsinvalidin heute ein wunderschönes Beispiel dafür, dass die Natur sich nicht unterkriegen lässt. Und sie regt an, darüber nachzudenken, welche Kraft auch in uns Menschen steckt, dem Schicksal zu trotzen, ihm die Stirn zu bieten, aus dem eigenen Leben etwas zu machen. Heute wacht und beschattet die inzwischen gut 125 Jahre alte Esskastanie die 2007 geschaffene Fischtreppe am Stausee Obermaubach. Wanderfische wie Lachse, Meeresforellen oder Neunaugen wandern zwischen ihren Laich- und Nahrungsplätzen hin und her. Die Stauanlage Obermaubach war für diese Fischarten unüberwindlich. Mit der natürlich gestalteten Fischtreppe gelingt ihnen nun der Weg. 2018 wurde die Esskastanie zum Baum des Jahres gewählt. Ursprünglich hatten die Römer diesen Fruchtbaum aus Kleinasien über die Alpen gebracht und ihn meist in den Gegenden angesiedelt, wo auch Wein wuchs. Ihr unempfindliches Holz war nämlich ein bevorzugtes Material für Pfähle, um die Reben daran aufzubinden. Die süßen Maronen der Esskastanie lieferten viele Generationen schmackhafte Kohlenhydrate und waren ein beliebtes Grundnahrungsmittel. Das Kastanienholz wurde wegen seiner schönen Maserung gern für Möbel verwendet oder als Brennholz gebraucht. Ein Schicksal, das der Kastanie an der Fischtreppe erspart bleibt, denn sie wird als besonderes Naturdenkmal geschätzt und geschützt.